Toni Ott über Ott
Meine Zuneigung zu historischen Gebäuden hat ihre Wurzeln schon in der Kindheit. Mein Vater war Mesner in der St. Martinskirche, und ich habe sämtliche Restaurierungsphasen dieses Gebäudes hautnah miterlebt. Allen Handwerkern (Gerüstbauern, Maurern, Zimmerern, Kirchenmalern, Restauratoren) habe ich begeistert zuschauen dürfen. Dieses staunende Zuschauen hat meine frühe Kindheit geprägt und mich nicht mehr losgelassen.
So war es gewissermaßen folgerichtig, dass ich auch als Fotograf den „Umbau“ der Stadt dokumentiert habe.
Die fotografische Dokumentation des Straßenzugs Wagnergasse/Karlstraße war eine Auftragsarbeit des um 1980 gegründeten Bauzunfthauses.
Man war sich damals schon bewusst, dass es zu großen Eingriffen in die historische Stadt kommen würde und wollte so zumindest den damaligen Zustand fotografisch dokumentieren.
Markus Stenger über Toni Ott:
Die Schwarzweiss-Fotografien von Toni Ott, vor Jahrzehnten aufgenommen im Straßenzug Wagnergasse und Karlstraße in Landshut, sind zweifellos Dokumente aus einer Vergangenheit, die es so nicht mehr gibt. Dennoch haftet Ihnen etwas Zeitloses an. Etwas Ewiges. Seltsamerweise bilden die akkurat ausgerichteten Nachbarschaften ihren Kontext durch die Nähe und Beziehung zueinander. Außen herum findet sich nahezu kein Anhaltspunkt, kein Kirchturm, keine Landmarke, auch der Himmel geht über in das weißgrau der Fenster und Fassadenflächen. So werden die Nachbarschaften, die Ott zeigt, auf den ersten Blick beinahe zu objektiven Tatbeständen, wie man sie auch in vielen anderen bayerischen Städten finden könnte.
Erst wenn man sich die Zeit nimmt und eintaucht, in diese Fassadenwelten des Landshuter Nikolaviertels, findet man verlorene Dinge aus ferner Zeit, die unverrückbar mit dem Ort zu tun haben. Man entdeckt längst vergessene Details, muss erkennen, dass ganze Häuser verlustig gegangen sind, verschwunden, vernichtet. Wenn man ihn aber darauf anspricht, sagt Toni Ott, er sei es leid, nur das Negative in diesen Bildern zu sehen. Und tatsächlich findet sich darin auch Hoffnung. Die Erkenntnis, dass einige der Häuser heute in einem besseren Zustand als damals sind, weil sie saniert, gewartet und gepflegt wurden. Und wie einfach es wäre, die eine oder andere Zutat aus alter Zeit wieder an die Fassaden zu bringen, damit diese, trotz aller wohlverdienten Patina, erneut leuchten und kommunizieren können. Fensterläden, geschmackvolle Beschriftungen, einladende Holzfenster, Stuckgliederungen und Putzvariationen, Holzzäune und Holztore. Die Ausstellung vis-á-vis stellt diese Bilder der Realität gegenüber, in situ, gleich vor der Haustüre der Gastgeb in der angrenzenden Pfettrachgasse. Man mag danach die Straßen entlang schlendern und sich einen neuen Eindruck machen, von dem was war und heute ist.
Freilich aber muss man dafür den Kopf heben, aufrecht durch unsere Straßen gehen und wieder SEHEN lernen.
Weitere Fotos:
OTT Karlstr. – Wagnergasse (PDF)
Toni Ott
1947 geboren in Landshut
1966 Abitur
1966-72 Studium an der Akademie der Bildenden Künste
ab 1974 freiberuflicher Fotograf