Die Gastgeb in der Pfettrachgasse
Reihe: „HAUSGÄSTE IN DER GASTGEB 2022“
Das kleine Holzblockhaus in der Pfettrachgasse 7 wird 2022 für alle interessierten Bürger der Stadt und des Stadtviertels für mehrere Monate geöffnet. Unter dem Hausnamen „Gastgeb“ werden kreative Hausgäste eingeladen, auf den uralten Ort einzugehen und ihn mit bildender und darstellender Kunst in vielen möglichen Ausdrucksformen zu bespielen.
Unser weit über 500 Jahre altes Holzblockhaus in der Pfettrachgasse in Landshut hat
während seiner, nunmehr abgeschlossenen, zweijährigen Umbauphase bei Bürgern und lokalen Medien immer wieder reges Interesse ausgelöst. Dies ist für uns Anlass, 2022 das Konzept eines „offenen Hauses für die Stadt“ umzusetzen, mit einem neuen Namen, der auf einen der alten Berufe der mehr als 40 Eigentümer aus Herzogs Häuserchronik Bezug nimmt: GASTGEB wird sich das kleine Haus zukünftig nennen.
Wolf Schweickhart wird in der Landshuter Häuserchronik 1606 als Besitzer des Hauses mit der Berufsbezeichnung „Gastgeb“ geführt. Anzunehmen ist, daß die eigentliche Ausübung des Berufes -der Bereitstellung von Gastbetten-, wie im Mittelalter üblich, durch dessen Frau ausgeübt wurde. Erst 40 Jahre vorher wurde die Adresse des Hauses von Closterhof 14 zu Hausnummer 852 geändert, ein Zeichen dafür, daß es sich damit von der Zugehörigkeit zum Kloster Seligenthal emanzipiert hatte, und von einem Haus vor der Stadt zu einer städtischen Liegenschaft geworden war. In diesen Zeitraum fällt vermutlich auch der umfassende Eingriff an der Fassade. Die mittelalterlichen Fenster wichen barocken Öffnungen, Einblicke und Ausblicke waren nun möglich. Gerade diese bauliche Öffnung des Hauses zur Straße, ausgerichtet auf die Stadt, wurde begleitet von einer beinahe öffentlichen Nutzung, als Haus für Gäste.
Ein Haus für Gäste – das soll die kleine GASTGEB nun wieder sein. Jeder interessierte Bürger soll die Möglichkeit haben, in das Baudenkmal zu gelangen, um den echten, anfassbaren und uralten historischen Schatz der alten Bauweise in Verbindung mit materialgerechten, respektvollen, zeitgemäßen Interventionen zu betrachten – um sich eine Meinung bilden zu können, authentisch und vor Ort.
Aber nicht nur das.
Die alte, neue GASTGEB im Nikolaviertel wird von März 2022 an kreative Hausgäste einladen, die mit ihren Werken auf den Ort, das bauliche Erbe, Architektur und Raumkunst in vielen Erscheinungsformen Bezug zu nehmen. Die Gäste werden dabei unabhängig von Zeit und Raum Kontraste zum Vorhandenen setzen, oder Anknüpfungen an die historische Substanz oder ihren Kontext suchen.
Ziel der Reihe ist es, jedem Interessierten die Möglichkeit einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Ort und den Inhalten der Veranstaltungen zu bieten und begleitend: die Wiedereingliederung des Hauses in das Viertel und die Stadt – nach so vielen Jahren der Vernachlässigung, der Unsichtbarkeit. Ziel ist es aber auch, den Bürgern überhaupt den Anlass zu geben, das öffentlich geförderte Baudenkmal zu besuchen und dort en‐passant die Besonderheiten der traditionellen, jahrhundertealten Bauweisen zu erleben – und der durchgeführten Rekonstruktion, die die nachahmbare Eigenleistung offenlegt und die sich an der Beweisführung versucht, dass wir es selbst in‐der‐Hand haben, ob und wie wir in Zukunft unsere neuen Häuser nachhaltig bauen und die alten sinnvoll benutzen wollen.
MS
03/2022